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Zweite Auswanderungswelle

1855

Dass die Mangeljahre die Tendenz zur Auswanderung in der zweiten Hälfte des 19. Jh. generell wieder ansteigen liess, liegt auf der Hand. Noch einige andere Umstände liessen die Ausreise insbesondere nach Nordamerika verlockend erscheinen: Durch den Bau von Eisenbahnen wurde besonders der mittlere Westen Nordamerikas für die Ansiedlung erschlossen. Es herrschte Überfluss an fruchtbarem Land und dabei dauernder Mangel an Arbeitskräften. Die Arbeitslöhne waren wesentlich höher als in der alten Heimat, und bei Fleiss und Sparsamkeit bestand die Möglichkeit, sich später selbständig zu machen. Freilich stellten sich den Pionieren auch Schwierigkeiten entgegen: Meist musste ein grosser Teil des erworbenen Landes gerodet werden, dazu erforderte der Hausbau und die Anschaffung von Geräten, Vieh und Saatgut weitere finanzielle Mittel.

Von der zweiten Auswanderungswelle war Zeiningen – trotz grosser Armut – wahrscheinlich weniger betroffen. Zumindest waren die Nachforschungen der Kommission Zeguhe nicht sehr erfolgreich. Wenn etwas gefunden wurde, handelte es sich immer um Einzelauswanderungen. Ein Grund für den Rückgang liegt vermutlich in der Tatsache, dass ab 1850 bis 1890 im Dorf intensiv nach Steinkohle gebohrt wurde. Die Bohrungen der ersten Periode von 1850 – 1880 erfolgten ausschliesslich durch Zeininger Bürger. Viele Bauern und Taglöhner versprachen sich durch dieses Unternehmen eine Zusatzbeschäftigung, weshalb sich vermutlich weniger Bewohner zur Emigration entschlossen. Im Vergleich zu andern Gemeinden des Fricktals nahm die Auswanderung aus Zeiningen zumindest auffallend ab.

Am 5.06.1852 verabschiedete sich eine 9-köpfige Familie aus Zeiningen nach Amerika. 1856 reiste eine Einzelperson nach Nordamerika aus. Um 1860 emigrierten wiederum ein junger Mann und etwas später wieder 2 Männer nach den USA.

Da die Armenlasten nach dem Sonderbundskrieg so sehr angestiegen waren, dass sie mit Sondersteuern kaum mehr zu decken waren, entschloss man sich im Kanton zu einer Grossaktion. Rund die Hälfte der Auswanderer meldete sich freiwillig. In den meisten Fällen ging der Anstoss für „Armenschübe“ von der Behörde aus, so (vermutlich) auch in Zeiningen.

In der Zeit nach 1866 gab es durchschnittliche Ernten, was zu einem Sinken der Getreidepreise führte. In diesen stilleren Jahren dürfte sich die Zahl der Auswanderer auf kantonaler Ebene folglich in normalen Grenzen gehalten haben. Dabei spielte auch die jeweilige wirtschaftliche Lage in Übersee eine Rolle, welche zu Schwankungen der Auswanderungszahl geführt haben dürfte. Eine spürbare Zunahme brachte der amerikanische Sezessionskrieg (1861 – 65). In dieser Zeit mangelte es besonders in den Nordstaaten an Arbeitskräften. Junge Leute machten oft auch von der Möglichkeit Gebrauch, nach alter Söldnertradition in die Unionsarmee einzutreten. Ob und wieviel Zeininger darunter waren, ist nicht aktenkundig. Regelmässig kam es auch in dieser Zwischenperiode vor, dass erfolgreiche Auswanderer Verwandte und Freunde nachzogen.

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